Tresnitt "På gjengrodde stier" Tor Arne Moen 96 |
Hei alle sammen,
dieses Bild zeigt den betagten norwegischen Dichter und Literaturnobelpreis-Träger Knut Hamsun. Es trägt den Titel seines letzten Buches - auf Deutsch "Auf überwachsenen Pfaden" (1949), und hängt in der dikterstue genau dort, wo Knut Hamsun seinen Schreibtisch hatte.
Ich hatte es ja schon geschrieben: Hamsun lebte von 1911 bis 1917 mit seiner Familie hier in Oppeid, und in dieser Zeit kamen drei seiner vier Kinder zur Welt, die er zusammen mit seiner zweiten Frau Marie hatte. Um Ruhe für's Schreiben zu finden, baute er 1916 nicht weit von seinem Wohnhaus ein kleines Haus - die "dikterstue". Sie bestand ursprünglich nur aus einem Raum, wurde also später angebaut und aufgestockt. Aber durch diese Tür...
...betrat bereits Hamsun seinen "kiosk", wie das Häuschen auch genannt wurde.
Die Gemeinde Hamarøy legt viel Wert darauf, die Erinnerung an ihren "großen Sohn" zu pflegen:
An zentraler Stelle in Oppeid, gleich neben dem Gebäude der Gemeindeverwaltung, findet man eine Schautafel, die an Knut Hamsun erinnert und auf der die Plätze Hamarøys beschrieben werden, die für den Dichter eine wichtige Rolle spielten.
Das alles war und ist auch für mich sehr spannend und interessant. Während meines Norwegisch-Unterrichts - in den 70er-Jahren an der Uni in Frankfurt - hatten wir uns ein ganzes Jahr lang mit Hamsuns Literatur beschäftigt. Sein Roman "Pan" (1894) ist seitdem eines meiner Lieblingsbücher. Und ich bedauere es sehr, dass ich meiner damaligen Norwegisch-Lehrerin
Randi-Agnete nicht mehr erzählen kann, dass ich zurzeit in der dikterstue lebe. Sie ist leider schon 1999 verstorben.
Selbstverständlich habe ich also während meines Aufenthalts hier viele der Plätze besucht, die etwas mit Knut Hamsun zu tun haben. So etwa das Anwesen, wo er seine Kindheit verbrachte - hierher zog im Jahr 1862 die Familie, die aus dem Süden Norwegens stammte, als Knut drei Jahre alt war:
Knut Hamsuns Elternhaus in Hamsund |
Im Jahr 1868 begann für den jungen Knut eine schwere Zeit: Aus wirtschaftlicher Not heraus wurde er zu seinem Onkel Hans Olsen, dem Bruder seiner Mutter, geschickt, um diesem zur Hand zu gehen. Olsen lebte im rund sechs Kilometer entfernten Presteid auf dem Anwesen des dortigen Pfarrhofes. Knut litt enorm unter dem hartherzigen Onkel - Hunger und Schläge waren an der Tagesordnung. Gute Erinnerungen hatte er nur an die schöne Lage des Pfarrhofs oberhalb des Gezeitenstroms Glimma.
Heute sind von diesem Hof nur noch die Grundmauern zu erkennen:
Grundmauern des alten Pfarrhofs in Presteid mit Glimma |
Freie Stunden verbrachte der junge Knut gerne auf dem Gelände des nahegelegenen Friedhofs. Hier wurden später auch seine Eltern begraben, deren Grab noch heute erhalten ist:
Hamsuns letzte Ruhestätte befindet sich auf seinem späteren Gut Nørholm bei Grimstad in Süd-Norwegen.
Nach seiner Konfirmation 1874 war Knut Hamsun ein Jahr lang als Handelsgehilfe in Tranøy tätig - davon hatte ich schon berichtet.
Es folgten Jahre eines unsteten Lebens mit den verschiedensten Beschäftigungen und Aufenthalten im Ausland. Seinen literarischen Durchbruch erlebte Hamsun im Jahr 1890 mit dem Erscheinen seines Romans "Sult" ("Hunger").
Zwei Jahrzehnte später zog es den inzwischen berühmten Schriftsteller zurück nach Nordland. Er war seit 1909 in zweiter Ehe mit der jungen Schauspielerin Marie Andersen verheiratet, und mit ihr zog er im Frühjahr 1911 nach Hamarøy, wo er den Hof "Skogheim" in Oppeid erwarb.
Heute steht das Haus meist leer, wird aber für Versammlungen und kulturelle Veranstaltungen genutzt:
Skogheim in Oppeid mit der "dikterstue" rechts im Hintergrund |
Sechs Jahre lang lebten Hamsun und seine Frau in Skogheim, in dieser Zeit wurden ihre drei Kinder Tore, Arild und Ellinor geboren. Trotzdem setzte Hamsun auch jetzt sein unstetes Leben fort: Häufig verbrachte er Wochen oder Monate in Pensionen oder Hotels irgendwo in Nordland, um sich auf sein Schreiben konzentrieren zu können.
Zweimal, 1913 und 1916, wohnte er für längere Zeit bei dem Hof Kråkmo - dort schrieb er auch den größten Teil seines Romans "Markens grøde", für den er 1920 mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnet wurde.
Kråkmotind bei Kråkmo |
Gut erhalten ist in Oppeid auch das Hof-Anwesen "Breidablikk" - in dem gelben Haus im Hintergrund befand sich der Kramladen, in dem Frau Marie die Besorgungen für die Familie machte:
Neben all diesen Stätten erinnern heute zwei Denkmäler in Hamsund an den großen Dichter Hamarøys,...
...und seit Sommer 2009 das Hamsunsenter - ein turmartiges Gebäude, entworfen von dem amerikanischen Stararchitekten Steven Holl, in dem in fünf Etagen Leben und Werk Knut Hamsuns multimedial dargestellt und erläutert werden:
Gezeitenstrom Glimma mit Hamsunsenter |
das Hamsunsenter vor den Bergen von Steigen |
Wegen seiner politischen Haltung während der Zeit der Besetzung Norwegens durch Deutschland im 2. Weltkrieg - er sympathisierte offen mit dem Nationalsozialismus - war und ist Hamsun im eigenen Land eine umstrittene Person. Nach Ende des Krieges wurde er in Norwegen wegen Landesverrats zu einer hohen Geldstrafe verurteilt.
Was er wohl sagen würde, wenn er sähe, welch ein auffallendes und aufwändiges Denkmal man ihm hier gesetzt hat?